Döbeln: Unangemeldet spaziert – Stefan Trautmann verurteilt

Spazieren ist kein Verbrechen. Eine als Spaziergang getarnte Kundgebung nicht anzumelden, kann aber vor Gericht zur Verurteilung führen. Das traf jetzt den Döbelner NPD-Mann Stefan Trautmann.

Wer eine Versammlung, Kundgebung oder einen so genannten Spaziergang zwar nicht anmeldet, aber in sozialen Netzwerken dazu aufruft, kann schnell für den Veranstalter gehalten werden – und dafür verurteilt werden wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. So erging es jetzt dem Döbelner NPD-Mann Stefan Trautmann vorm Döbelner Amtsgericht. Dabei hatte Staatsanwältin Jana Hock auf Freispruch plädiert. Verteidiger Martin Kohlmann nimmt das wohlwollend zur Kenntnis. Richter Simon Hahn sieht das dann ganz anders.

Nicht ordnungsgemäß angemeldet

Was war eigentlich los? Am 26. März dieses Jahres bewegt sich eine knapp 60 Leute umfassende Personengruppe mit diversen Megafon-Durchsagen, Tröten und Topfgetrommel durch Döbelns Straßen, hinten und vorne je ein Polizeiauto. Stefan Trautmann bietet sich der orientierungslosen Menge vorübergehend als Führer an. Sein guter Wille wird vor Gericht als solcher nicht erkannt. Er bekommt eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen aufgebrummt. Problem bei dem Ganzen: Die Veranstaltung war bei der Versammlungsbehörde des Landkreises Mittelsachsen nicht ordnungsgemäß angemeldet.

Ermittlungen gegen Unbekannt

So genannte Spaziergänge, eindeutig mit dem Charakter von Kundgebungen, sind seit Monaten in Döbeln wie auch in anderen Städten zu beobachten. Nicht selten handelt es sich dabei um nichtangezeigte Veranstaltungen, so zum Beispiel in Waldheim. Das verstößt gegen das sächsische Versammlungsgesetz. Die Polizei versucht dann, denjenigen zu finden, der sich des Nichtanmeldens strafbar gemacht hat. Ermittelt wird dann gegen Unbekannt.

Im Internet gefunden und geteilt

Aufgerufen oder eingeladen wird zu derartigen Veranstaltungen über verschiedenste Kanäle diverser Internet-Plattformen, und zwar von unterschiedlichsten Initiatoren und Sympatisanten. Einzelne Account-Inhaber teilen diese Meldungen, wie das eben funktioniert in sozialen Netzwerken. Das macht auch Stefan Trautmann: Findet in einem Telegram der Freien Sachsen die Meldung von eine Gruppe Namens Mutmacher, die auf die Veranstaltung am 26. März hinweist, kopiert das in seinen persönlichen Facebook-Account und ruft zur Teilnahme auf.

Kein Veranstalter bekannt

Wenig Tage vor der vom ihm beworbenen Veranstaltung bekommt Trautmann einen Anruf vom Döbelner Polizeirevier. Ein Polizeibeamter, zur Verhandlung als Zeuge geladen, macht Trautmann darauf aufmerksam, dass er da eine unangemeldete Veranstaltung bewirbt und ob er diese nicht anmelden wolle. Trautmann: „Das wollte ich aber nicht. Warum sollte ich eine fremde Veranstaltung anmelden.“ Bis heute wisse er auch nicht, wer der Veranstalter war – es gibt ja auch keinen, zumindest gibt es bei der Versammlungsbehörde des Landkreises Mittelsachsen keine Anmeldung. Und auch die Polizei konnte vor Ort niemanden ausfindig machen, der sich als Veranstalter oder Anmelder zu erkennen gegeben hätte.

Aufzug ohne Ortskenntnis

Trautmann, unter anderem bekannt dafür, in Döbeln diverse Veranstaltungen politischen Inhalts anzumelden, wird nun zur Last gelegt, er habe eine unangemeldete Veranstaltung durchgeführt. Er selber sagt dazu: „Ich selber war da nur Gast. Meine eigenen Veranstaltungen melde ich an.“ Dass er vor Ort diverse Ordnerdienste flankierend zum so genannten Spaziergang übernimmt – das zeigt ein Video – habe sich spontan ergeben. Trautmann soll – zumindest zeitweise – an der Spitze des Aufzuges dirigiert haben, wo der Zug entlang führen soll. „Das habe ich getan, weil von den Leuten offenbar keiner einen richtigen Plan oder Ortskenntnis hatte. Ich wollte nicht, dass es zu einer Verkehrsbehinderung kommt.“

Staatsanwältin für Freispruch

Das wird ihm vor Gericht ebenso zum Verhängnis wie sein enthusiastischer Aufruf auf seinem persönlichen Facebook-Account. Dabei sieht Staatsanwältin Jana Hock das eher zugunsten des Angklagten: Diese Ordnertätigkeit lasse nicht zwingend darauf schließen, dass er Veranstalter ist und die Veranstaltung hätte anmelden müsssen. Man könne ihm die Nichtanmelddung nicht zur Last legen, nur weil er als Teilnehmer dort war. Auch der Aufruf zur Veranstaltung auf Facebook weise ihn nicht zwingend als Veranstalter aus. Die Staatsanwaltschaft plädiert für Freispruch.

Verteidiger Martin Kohlmann nimmt das wohlwollend auf: „Ich kann mich nur wundern über derartige Anklagen. Nur wenn jemand eine Meldung über eine Veranstaltung verbreite, macht es denjenigen noch nicht zum Organisator und Veranstalter. Was hätte das denn für Konsequenzen für Fußballspiele.“ Auch ein vor Gericht als Beweismittel abgespieltes Video beweise nicht etwaige Aktivitäten seines Mandanten als Versammlungsleiter.

Trotzdem schuldig

Hahn dazu: „Wer mit Datum und Treffpunkt die Menschen zu einer Versammlung aufruft, der hat im Internet mit seinem eigenen Statement auf seinem persönlichen Account die Eigenschaft eines Veranstalters angenommen.“ Den Charaker eines Durchführenden habe Trautmann zudem durch die organisatorischen Aufgaben angenommen. Zudem, so Hahn, habe Trautmann durch den Anruf seiten der Polizei vorher gewusst, dass er offenbar auf eine unangemeldete Kundgebung geht. Das habe er vorsätzlich getan und die Nichtanmeldung billigend in Kauf genommen. Er wird zu einer Geldstrafe von 500 Euro verurteilt. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht.